Die Altstadt von Grimma befindet sich linksseitig der Vereinigten Mulde in einem ausgeweiteten Talraum eines Mäanders der Mulde. Derzeit besitzt das Stadtgebiet keinen relevanten Schutz und ist aufgrund dieser Lage stark hochwassergefährdet.


Luftbild der überschwemmten Altstadt von Grimma mit noch intakter Pöppelmannbrücke am 13. 8. 2002


2002 - Brücken über die Mulde2002 - überflutetes Gymnasium


2002 - Brückenstraße in Grimma2002 - Die Mulde im Stadtzentrum Grimma

Seit Jahrhunderten immer wiederkehrende Überflutungen der Ortslage Grimma sind eindrucksvoll mit deren Hochwasserständen an der Großmühle dokumentiert.

Im August 2002 trat das bisher höchste registrierte Hochwasser in der Geschichte der Stadt mit einem Extremhochwasserabfluss von 2.570 m³/s auf. Die Wasserstände und monetären Schäden lagen weit über allen bisher aufgetretenen Hochwassern. In der Innenstadt waren Wasserstände von teilweise mehr als 3,50 m über Geländehöhe zu verzeichnen.

Das Hochwasser hinterließ Schäden an Infrastruktur, öffentlichen und privaten Bauten und an Uferbefesti-gungen in Höhe von mehr als 250 Millionen Euro. Damit war Grimma die beim Hochwasser 2002 am stärksten geschädigte Kommune an der Mulde. Gewässerbett, Ufersicherungen und Brücken wurden zerstört und beschädigt, unter anderem die bekannte Pöppelmannschen Steinbrücke.

Als Reaktion auf das Hochwasserereignis im Jahre 2002 veranlasste das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft im März 2003 mit dem Erlass zur Erarbeitung von Hochwasserschutzkonzepten (HWSK) für alle Gewässer 1. Ordnung die Neuorganisation des Hochwasserschutzes für den Freistaat.
Im Auftrag der Talsperrenmeisterei Untere Pleiße (heute Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen, Betrieb Elbaue/Mulde/Untere Weiße Elster (Betrieb EMUWE)) wurde das Hochwasserschutzkonzept für die Mulden im Regierungsbezirk Leipzig erstellt. Dieses bildet die Grundlage für die vertiefenden Planungen an den konkreten Standorten der Mulde.




2002 - Mühlstraße2002 - zerstörte historische Pöppelmannbrücke

Für den Standort Grimma bedeutete das die Planung zur Errichtung eines wirksamen Hochwasserschutzes, wobei zu prüfen war, ob es neben der Variante Hochwasserschutzmauer im Stadtbereich noch weitere, möglicherweise ergänzende und flankierende Maßnahmen oder auch Alternativvarianten gibt. Schutzziel für die Stadt Grimma ist das HQ100, d. h. ein Hochwasserabfluss mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 100 Jahren.

Nach einer ersten Studie und Vorplanungen in den Jahren 2003 und 2004 wurden 2005 ergänzende Untersuchungen in den Bereichen Denkmalschutz und Städteplanung durchgeführt.

Um die Integration der Hochwasserschutzanlage in das Stadtbild zu ermöglichen und um denkmalpflegerische Aspekte zu berücksichtigen, wurde an der TU Dresden eine Städtebauliche Einordnung erarbeitet. In dieser sind die grundsätzlichen Gestaltungsvorschläge für Trasse und Ausbildung der Hochwasserschutzanlage unter städtebaulichen und denkmalpflegerischen Aspekten enthalten.

 mehr zu Hochwasserschutz als städtebauliche Aufgabe

In einer nachfolgend durchgeführten physikalischen und numerischen Modellierung zwischen Dezember 2005 und Oktober 2006 wurden verschiedene Trassen und unterschiedliche Szenarien untersucht sowie die Auswirkungen der städtebaulichen Vorzugsvariante auf hydraulische Effekte überprüft.

 mehr zur Modellierung


Physikalische Modellierung mit Stadtmodell von Grimma


Im Ergebnis der Modellierung wurde die Höhe der Hochwasserschutzanlage ermittelt. Im Anschluss wurde die Vorzugslösung zur städtebaulichen Einordnung unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen aus Gestaltung, Vorgaben der Stadt, Modellierung und Vorgaben der Landestalsperrenverwaltung entwickelt.

Die Planungsunterlagen für dieses Vorhaben wurden durch die Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen im März 2007 zur Planfeststellung eingereicht. Im Februar 2008 erfolgte der Planfeststellungsbeschluss. Aufgrund eines genehmigten vorzeitigen Baubeginns für das Projekt 1 begannen die Bauarbeiten bereits am 10. 08. 2007.

Chronlogie der Baumaßnahme

2003 - 2005 Erarbeitung Hochwasserschutzkonzept Mulde und Voruntersuchungen für Grimma
2005 - 2006 Modellierungen und Variantenvergleich
2007 - 2008 Genehmigungsverfahren
10.08.2007 offizieller Baubeginn
2007 - 2015 abschnittsweise Herstellung der unterirdischen Dichtwand und der Grundwasserkommunikation
2013 Junihochwasser mit ähnlichen Schäden wie 2002
2007 - 2019 abschnittsweiser Bau der oberirdischen Hochwasserschutzanlagen
2007 - 2009 Abschnitt Kellerhäuser bis Großmühlenplatz
2012 - 2015 Abschnitt Alte Stadtmauer
2012 - 2019 Abschnitt Klosterkirche bis Pöppelmannbrücke
2015 - 2016 Abschnitt Volkshausplatz
2017 - 2019 Bau des Schöpfwerkes Thostgrundbach
02.08.2019 offizielle Einweihung der fertiggestellten Hochwasserschutzanlage


Ausstellungstafeln in der Klosterkirche - Foto: © Suedraumfoto


Pergola mit geschlossenem Tor und Dammbalken - Foto: © Suedraumfoto


Enthüllung der Gedenktafel                       Interessierte Bürger - Fotos: © LTV


Podiumsdiskussion in der Klosterkirche - Foto: © LTV


Podiumsdiskussion in der Klosterkirche - Foto: © LTV


Symbolischer Verschluss des Hochwasserschutztors am Schloss - Foto: © LTV

TECHNISCHE DATEN

Planungsbeginn 2003
Planfeststellungsbeschluss 2008
Bauzeit 2007 - 2019
Schutzziel HQ100 mit einem Durchfluss von ca. 2.000 m³/s am Pegel Golzern
Länge ca. 2 Kilometer
Höhe im Mittel 3,5 Meter
Grundwasserbrunnen 8 Stück
Drainagestränge 1,5 Kilometer
Öffnungen 78 Stück
Kosten (gerundet) 57 Millionen Euro
Finanzierung EFRE, Bund, Freistaat Sachsen